Ein geschichtsträchtiges Wochenende

1995. Rugby World Cup in Südafrika, Finale, die südafrikanische Nationalmannschaft der „Springboks“ spielt gegen die neuseeländischen „All Blacks“ - und gewinnt.


2013. Vierundzwanzig deutsche Freiwillige erleben das Rugbyspiel zwischen Südafrika und Neuseeland hautnah mitten in Johannesburg im Ellis Park Stadium – und ich bin mit dabei. Auch wenn ich bis dahin keine Ahnung von Rugby hatte, und genau genommen immer noch nicht sonderlich viel Ahnung davon habe (das Spiel dauert 80 Minuten, es gibt zwei Teams, einen Ball und man darf nicht nach vorne passen, allerdings einen ordentlichen Sauhaufen veranstalten, wenn man an den Ball gelangen möchte) - es ein unglaubliches Gefühl bei dem Spiel mit dabei zu sein. Schon alleine der Moment, als für die „Springboks“ die südafrikanische Hymne gesungen wurde! Zwischen den anderen Zuschauern fallen wir kaum auf, nicht nur weil wir uns vorsorglich alle mit dunkelgrünen Springboks-Trikots eingedeckt haben, sondern weil vorwiegend weiße Südafrikaner im Stadion sind. Auch wenn die Springboks, nicht wie 18 Jahre zuvor, gegen die neuseeländischen „All Blacks“ verloren haben, sind sie jetzt um vierundzwanzig deutsche Fans reicher. ;)

Das Rugbyspiel war nervenaufreibend und spannend – doch für Mirja, Marie, Sonja, Sven und mich reicht das noch nicht. Wir wollen noch mehr Aufregung! Und verbringen darum eine Nacht im größten Township Südafrikas, in Soweto, das direkt an Johannesburg grenzt und für seine zwei Orlando Towers bekannt ist. Es ist schon dunkel, als wir von einem Bekannten zu unserem Backpacker gefahren werden. Das Navi tut sich schwer, bei den unzähligen, wirren, oft auch unbenannten Straßen den Backpacker zu orten, also müssen wir anhalten und Einwohner fragen. Die ersten, die uns entgegen kommen, sind vier Jungs. Bevor das Fenster herunter gekurbelt wird, werden alle Türen vorsorglich von innen verriegelt. In diesem Moment wird mir klar, dass Südafrika – obwohl ich bisher nur gute Erfahrungen gemacht habe – auch sehr gefährliche Seiten hat. Besonders nachts. Besonders in Townships. Die vier Jungs sind alle betrunken, wenn nicht sogar auf Drogen. Wir fahren weiter. Der nächste Mann, den wir fragen, wirkt beinahe aufdringlich und alles andere als vertrauenswürdig, als wir ihn nach dem Backpacker fragen. „I will get you there“, sagt er. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl dabei... doch plötzlich fährt er mit einem schicken Auto aus seiner beachtlich kleinen Einfahrt heraus und führt uns tatsächlich zum Backpacker.

Alle Schwarzen, die in einem Township leben, sind arm und stehlen? Dieses Vorurteil trifft allem Anschein nach nicht zu. Heute wohnen Schwarze aller Einkommensklassen im Township, auch die Wohlhabenden, weil sie dort eben in ihrer „Community“ oder Heimat sind und ihre Kultur ausleben können.

 

Am nächsten Morgen wollen wir genau diese unterschiedlichen Gesichter eines Townships erkunden und machen darum eine geführte Bicylce Tour durch Soweto.

Bei Tageslicht sieht das Township nicht einmal mehr halb so gefährlich aus. Die einheimischen Kinder rennen uns „Weißen“ hinterher, winken und rufen „Sanibonani!“, dem ich natürlich in alle Richtungen mit „Hello! Hello!“ antworte. Wir werden überall bestaunt, aber höflich und freundlich von den schwarzen Einwohnern empfangen. Wir fahren an großen schönen Häusern und an Wellblechhütten ohne Strom oder Wasser vorbei, an Märkten, Nelson Mandelas ehemaligem Wohnhaus, am Hendrik Pietersen Memorial, und dürfen traditionelle Zulu-Kleidung anprobieren. Um den Einblick in Südafrikas Gesellschaft abzurunden, verbringen wir den Nachmittag im Apartheidmuseum und lernen vieles über die Geschichte dieses wundervollen Landes.

 

Nach diesem geschichtsträchtigen Wochenende, bei dem wir von „Springboks“ bis „Apartheid“ alles gesehen und gehört haben, beginne ich zu verstehen, was Südafrika zu dem macht, was es heute ist.

Ich glaube fest daran, dass Südafrika der schönste Ort auf Erden ist. (Nelson Mandela)

"Traveling is bad for you" - said nobody, ever.

Life is either a daring adventure or nothing at all.